Neuseeland Rundreise

Am Ende der Welt

Von Rebecca Schirge · 2019

Der Tourismus boomt. Selbst heute, wo der Kinostart der Herr der Ringe-Trilogie 18 Jahre zurückliegt, pilgern jährlich Hunderttausende Fans zu den Schauplätzen von Mittelerde. Ihre Wirkung als Werbespot für die atemberaubenden Landschaften Neuseelands haben die Filme nicht verloren. Allein 2018 kamen 3,8 Millionen internationale Urlauber – und das bei nur 4,8 Millionen Einwohnern. Vor allem von Anfang Dezember bis Ende Februar wird es voll, denn dann ist Sommer in Neuseeland.

Ausblick beim Ausflug zum Abel-Tasman-Nationalpark
Ausblick beim Ausflug zum Abel-Tasman-Nationalpark

Wir entscheiden uns deshalb für eine individuelle Rundreise außerhalb der Saison, im April. Berühmte Filmschauplätze wie Hobbiton und Milford Sound lassen wir links liegen. Eine gute Idee: Auf den Highways sehen wir weite, wunderschöne Landschaften statt Schlangen von Camper-Vans und Reisebussen vor uns. Bei unserer Trekking-Tour durchs mystische Cardrona Valley sitzen wir allein in der hobbitartigen Wanderhütte, um uns nach einem Regenschauer am Feuer zu wärmen. Und selbst die goldgelben Traumstrände des Abel-Tasman-Nationalparks sind fast menschenleer. Indem wir auf die beliebtesten Hotspots verzichten, finden wir bei unserer Reise ans Ende der Welt das, was wir suchen: Einsamkeit und die Begegnung mit der Natur. 

Neuseeland Rundreise: den authentischen Kiwi-Lifestyle kennenlernen

Um den echten Alltag der Einheimischen zu erleben, machen wir uns auf nach Waipara Valley – einer der berühmtesten Weingegenden von Neuseelands Südinsel. Dort bewirtschaften Karen und Bruce Forrester eine Farm, die 2.000 Hektar Land umfasst. Neben den etwa 5.000 Schafen zählen Angus-Rinder, Hunde, Hühner, Pferde, zwei Schweine und Esel Barney zu den Bewohnern. Wer hier zu Gast ist, kann ganz in den „Kiwi-Lifestyle“ eintauchen – das neuseeländische Farmleben.

Cottage Karetu Down Farmstay
Cottage Karetu Down Farmstay

Kaum angekommen, sind wir bereits mittendrin: Ein paar Schafe werden vermisst, und so machen wir uns mit Farmer Bruce auf, sie zu suchen. Schließlich leben die Forresters größtenteils vom Verkauf ihrer Wolle, die unter anderem zur Herstellung von Teppichen und Merinowolle für Kleidung genutzt wird. Im völlig verdreckten Geländewagen geht es über holprige Pisten steil bergauf. Hier und da machen wir Halt, um nach den verloren gegangenen Tieren und möglichen Löchern im Zaun Ausschau zu halten. Nebenbei erzählt uns Bruce die Geschichte der Farm, die er bereits in dritter Generation fortführt. Die Cottages, die Ställe, die kilometerlangen Weidezäune – all das hat sich die Familie in den letzten 100 Jahren selbst aufgebaut. An einem der Hügel wurde der Vater von Bruces beerdigt. „Get on with it“ steht auf dem Grabstein. Das war sein Lebensmotto: Mach weiter.

Bruce blickt auf die weite Landschaft
Unterwegs mit Bruce, Karetu Down Farmstay

Irgendwo im Nirgendwo

Bruce zeigt uns seinen Lieblingsplatz, er liegt auf dem höchsten Berg des Farmlandes. Vom Gipfel hat man einen Panoramablick auf das weite, unbesiedelte Land und die Südalpen Neuseelands, deren Spitzen teilweise schneebedeckt sind. „Ich kann mich einfach nicht daran sattsehen“, sagt Bruce. Wir fühlen uns, als seien wir irgendwo im Nirgendwo gelandet. Wie es sich wohl anfühlt, hier zu leben? Wir müssen weiter, schließlich gibt es den ganzen Tag etwas zu tun auf der Farm: Schafe scheren, Heu ernten, Tiere füttern, Ställe ausmisten, Zäune reparieren. Auch die verlorenen Schafe gilt es noch zu finden. 

Auf dem Rückweg erspähen wir sie plötzlich mit dem Fernglas, friedlich an einem grünen Hügel grasend. Ein erstes Erfolgserlebnis. Bruce gibt die Koordinaten per Funk an seinen Sohn weiter. Später werden sie gemeinsam mit den Hütehunden wiederkommen, um die Ausreißer einzufangen. Ob das immer gelinge? „Leider nicht“, sagt er, auch Misserfolge gehörten dazu. Auf der Farm sei eben jeder Tag ein neues Abenteuer.

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